NatureNews berichtete vor einiger Zeit über einen interessanten Artikel von John C. Avise, der in PNAS erschienen ist:
„Footprints of nonsentient design inside the human genome“ (etwa: Indizien für „bewusstloses“ Design im menschlichen Genom). Der Artikel argumentiert gegen Intelligent Design (ID), eine Abart des bibelreligiösen
Kreationismus, nach dem komplexe biologische Funktionen sich nicht etwa durch Evolution entwickeln könnten, sondern vielmehr aus dem Nichts von einem bewussten Wesen geschaffen wurden müssten.
Avise zeigt an einigen Beispielen, dass für die Schöpfung des Menschen vielmehr ein „bewusstloses“ Wesen am Werk gewesen sein muss. Denn die Natur ist nicht perfekt, anders als einem sowohl von romantisch-verklärten Ökologisten, als auch von religiösen Spinnern immer und immer wieder erklärt wird. Die konkreten Beispiele für die Imperfektion des Menschen, die von Avise angeführt werden, sind neben schädlichen Mutationen im Genom auch unnötig komplizierte biologische Mechanismen, die ihm „barock“ erscheinen. Neben vielen anderen Beispielen spricht Avise im Artikel
Genduplikationen,
repetitive Elemente und die funktionslosen
Pseudogene an. Auf zwei Dinge will ich im Folgenden eingehen: Introns und das mitochondrale Genom.
Introns
Eukaryotische proteinkodierende Gene besitzen meist Introns, Bereiche also, die aufwendig aus dem Transkript herausgeschnitten werden müssen, damit aus dem abgeschriebenen Gen auch ein funktionierendes Protein wird. Introns sind durchschnittlich 30-mal länger als die kodierenden Exons. Damit werden die Gene sehr lang, was die Zeit zum Ablesen erhöht und viele Nukleotide als RNA-Bausteine benötigt. Es gibt zwar differenzielles Spleißen, wobei verschiedene Exon-Kombination aus dem Gen herausgeschnitten werden, und somit verschiedenste Genprodukte aus einem Gen hervorgehen, aber viele Organismen, etwa Bakterien, kommen auch sehr gut ohne Introns aus. Und ein Ingenieur hätte wohl vielmehr diesen Mechanismus auf Gene beschränkt, bei denen das wirklich von Vorteil ist, etwa bei der Variation der variablen Domäne von Immunglobulinen. Der Splicing-Prozess ist wahnsinnig komplex und damit auch anfällig gegenüber Störungen, sodass eine solche Popularität von Introns im Genom eigentlich keinen Sinn macht.
Mitochondrien-Genom
Ein weiteres, sehr schönes Beispiel befasst sich mit dem mitochondralen Genom. Dass ein solches überhaupt existiert und Komponenten der Atmungskette ein Mosaik aus nukleären und mitochondralen Genprodukten ist, spricht allein schon gegen eine Schöpfung. Allerdings lässt sich das alles gut mittels der Endosymbiontentheorie erklären, nach der die Organellen aus einem bakterienähnlichen Endosymbionten hervorgegangen sind und im Lauf der Zeit immer mehr reduziert wurden. Jedenfalls ist auch das Genom der Mitochondrien Mutationen unterworfen, und zwar in einem besonderen Maße. Schließlich finden im Mitochondrium Elektronenübergänge statt, deren Folge oft reaktive Sauerstoffspezies („freie Radikale“) sind, welche wiederum schnell Schäden an der DNA anrichten können. Ein intelligenter Designer hätte keinen Grund gehabt, das genau so zu konstruieren. Es gibt auch keinen Grund für die inkompatiblen Transkriptions-Initiations-Mechanismen, die so unterschiedlichen Genarchiktekturen (zirkuläres vs. lineares Genom, keine Introns vs. viele Introns, polygenetisches vs. monogenetisches Transkript, usw.), rechtfertigen würden.
***
Mir fällt dazu ein, dass alle nicht-photosynthetischen Pflanzen nicht auf ihre Chloroplasten verzichten können, obwohl sie als Parasiten von Lichtenergie unabhängig sind. Sie behalten sie trotzdem, weil zum Beispiel manche Stoffwechselprozesse nur im Chloroplasten stattfinden können oder weil sie auf ein Genprodukt angewiesen sind, dessen Gen wegen Inkompatibilität nicht in den Zellkern ausgelagert werden können.
***
Das alles lässt sich nicht schlüssig mit einem Schöpfer erklären, aber mit einem sich langsam entwickelnden Evolutionsprozess, der für das „große Ganze“ blind ist und nur lokale Optimierungen vornimmt.
Ich persönlich finde diese Frage nach einem Schöpfer völlig überflüssig. Sollte ein solches „allmächtiges“ Wesen existieren, müsste es fraglos komplexer sein, als wir und unsere Welt. Das wirft natürlich sofort die Frage auf, wer diesen Schöpfer erschaffen hat? Wohl jemand, der noch komplexer und mächtiger ist. Die Frage nach dem Schöpfer des Schöpfers führt in einen unendlichen Regress und führt damit zu nichts.
NatureNews berichtete vor einiger Zeit über einen interessanten Artikel von John C. Avise, der in PNAS erschienen ist:
„Footprints of nonsentient design inside the human genome“ (etwa: Indizien für „bewusstloses“ Design im menschlichen Genom). Der Artikel argumentiert gegen Intelligent Design (ID), eine Abart des bibelreligiösen
Kreationismus, nach dem komplexe biologische Funktionen sich nicht etwa durch Evolution entwickeln könnten, sondern vielmehr aus dem Nichts von einem bewussten Wesen geschaffen wurden müssten.
Avise zeigt an einigen Beispielen, dass für die Schöpfung des Menschen vielmehr ein „bewusstloses“ Wesen am Werk gewesen sein muss. Denn die Natur ist nicht perfekt, anders als einem sowohl von romantisch-verklärten Ökologisten, als auch von religiösen Spinnern immer und immer wieder erklärt wird. Die konkreten Beispiele für die Imperfektion des Menschen, die von Avise angeführt werden, sind neben schädlichen Mutationen im Genom auch unnötig komplizierte biologische Mechanismen, die ihm „barock“ erscheinen. Neben vielen anderen Beispielen spricht Avise im Artikel
Genduplikationen,
repetitive Elemente und die funktionslosen
Pseudogene an. Auf zwei Dinge will ich im Folgenden eingehen: Introns und das mitochondrale Genom.
Introns
Eukaryotische proteinkodierende Gene besitzen meist Introns, Bereiche also, die aufwendig aus dem Transkript herausgeschnitten werden müssen, damit aus dem abgeschriebenen Gen auch ein funktionierendes Protein wird. Introns sind durchschnittlich 30-mal länger als die kodierenden Exons. Damit werden die Gene sehr lang, was die Zeit zum Ablesen erhöht und viele Nukleotide als RNA-Bausteine benötigt. Es gibt zwar differenzielles Spleißen, wobei verschiedene Exon-Kombination aus dem Gen herausgeschnitten werden, und somit verschiedenste Genprodukte aus einem Gen hervorgehen, aber viele Organismen, etwa Bakterien, kommen auch sehr gut ohne Introns aus. Und ein Ingenieur hätte wohl vielmehr diesen Mechanismus auf Gene beschränkt, bei denen das wirklich von Vorteil ist, etwa bei der Variation der variablen Domäne von Immunglobulinen. Der Splicing-Prozess ist wahnsinnig komplex und damit auch anfällig gegenüber Störungen, sodass eine solche Popularität von Introns im Genom eigentlich keinen Sinn macht.
Mitochondrien-Genom
Ein weiteres, sehr schönes Beispiel befasst sich mit dem mitochondralen Genom. Dass ein solches überhaupt existiert und Komponenten der Atmungskette ein Mosaik aus nukleären und mitochondralen Genprodukten ist, spricht allein schon gegen eine Schöpfung. Allerdings lässt sich das alles gut mittels der Endosymbiontentheorie erklären, nach der die Organellen aus einem bakterienähnlichen Endosymbionten hervorgegangen sind und im Lauf der Zeit immer mehr reduziert wurden. Jedenfalls ist auch das Genom der Mitochondrien Mutationen unterworfen, und zwar in einem besonderen Maße. Schließlich finden im Mitochondrium Elektronenübergänge statt, deren Folge oft reaktive Sauerstoffspezies („freie Radikale“) sind, welche wiederum schnell Schäden an der DNA anrichten können. Ein intelligenter Designer hätte keinen Grund gehabt, das genau so zu konstruieren. Es gibt auch keinen Grund für die inkompatiblen Transkriptions-Initiations-Mechanismen, die so unterschiedlichen Genarchiktekturen (zirkuläres vs. lineares Genom, keine Introns vs. viele Introns, polygenetisches vs. monogenetisches Transkript, usw.), rechtfertigen würden.
***
Mir fällt dazu ein, dass alle nicht-photosynthetischen Pflanzen nicht auf ihre Chloroplasten verzichten können, obwohl sie als Parasiten von Lichtenergie unabhängig sind. Sie behalten sie trotzdem, weil zum Beispiel manche Stoffwechselprozesse nur im Chloroplasten stattfinden können oder weil sie auf ein Genprodukt angewiesen sind, dessen Gen wegen Inkompatibilität nicht in den Zellkern ausgelagert werden können.
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Das alles lässt sich nicht schlüssig mit einem Schöpfer erklären, aber mit einem sich langsam entwickelnden Evolutionsprozess, der für das „große Ganze“ blind ist und nur lokale Optimierungen vornimmt.
Ich persönlich finde diese Frage nach einem Schöpfer völlig überflüssig. Sollte ein solches „allmächtiges“ Wesen existieren, müsste es fraglos komplexer sein, als wir und unsere Welt. Das wirft natürlich sofort die Frage auf, wer diesen Schöpfer erschaffen hat? Wohl jemand, der noch komplexer und mächtiger ist. Die Frage nach dem Schöpfer des Schöpfers führt in einen unendlichen Regress und führt damit zu nichts.
Der Mensch, eine schlampig konstruierte Krone der Schöpfung
Danke für diese klärenden Worte. So wie ich das sehe, sind nun einmal sehr alte Tierarten wesentlich weiter fortgeschritten als wir Menschen. Wir schleppen jede Menge unnützes Zeugs in unseren Genen mit und bezeichnen uns noch dazu als Spitze der Schöpfung, das ist glattweg falsch. Die Spezialisierung auf die jeweiligen Lebensräume passiert bei uns nur sehr rudimentär!
AntwortenLöschenSiehe auch: Das Gehrin ein Unfall der Natur, ISBN:978 349803932 5
Sehr interessanter Artikel und Ansichtsweise. Danke für die Veröffentlichung!
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