Dienstag, 15. Februar 2011

Nach "Power Balance" jetzt "Energy Bean" - Die Verknüpfung von Esoterik und Lifestyle

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Das Phänomen des "Power Balance"-Armbands, mit dem die Brüder Josh und Troy Rodarmel Millionen einfahren, obwohl es keine Wirkung hat, demonstriert die erfolgreiche Vermählung von Esoterik und Lifestyleprodukt. Ein Arzt aus Österreich will auf den Zug aufspringen und vermarktet etwas ganz ähnliches, aber viel besseres: Ein bohnenförmiger Aufkleber gegen bösen Elektrosmog. Wo „Power Balance“ an eine Verbesserung der Leistung appelliert, spielt „energy bean“ mit den Ängsten vor Handystrahlen.

energy bean ist ein Aufkleber, der die negativen Auswirkungen von Handy, Laptop, Babyphone und anderen Elektrosmog- Belastungen in unseren Zellen neutralisiert. Unser Energiehaushalt bleibt ausgeglichen, die Funktion der Geräte unverändert intakt.
So bewirbt der Arzt Walter Lintner sein Produkt, das eine Folie mit einem „Informationscode“ enthalten soll. Damit soll „eine Vielzahl an positiven Informationen, die regenerative und harmonisierende Effekte auf unsere Zellen“ die Besitzer „gegen Handy-Strahlen stark machen“:
Die den Naturgesetzen entsprechenden Botschaften der energy bean legen sich wie ein „Schutzfilm“ über die Empfangsantennen der Zellen und führen so zu deren Entspannung.
(Bildquelle)
Wieviel von den Dingern soll man denn kaufen? Möglichst viel, natürlich:
Der Arzt rät daher, alle elektronischen Geräte wie Handy, Computer, Laptop, Babyphone sofern sie unvermeidlich in der Nähe des Körpers platziert sind, mit einer energy bean zu versehen. Aber auch der Sicherungskasten der Wohnung oder des Hauses sollte mit einer oder mehreren beans bestückt werden
(Hervorhebung von mir)

Selbstredend hat das Produkt – Qualitätsmerkmal „von einem Arzt entwickelt“ – keinen Effekt, wie die österreichische Arbeiterkammer Vorarlberg feststellte:
„Wir haben in unserem Gutachten einen Föhn, einen Mixer, einen Laptop sowie zwei Handys testen lassen. Die Ergebnisse sind ernüchternd. Bei keinem Gerät wurde auf irgendeine Art und Weise das physikalische Umfeld der elektrischen Betriebsmittel verändert“, erklärt Mag. Paul Rusching von der AK-Konsumentenberatung.
Erstehen kann man den Centartikel etwa bei Amazon für etwa zehn bis fünfzehn Euro. Im Vergleich zu den 40 Euro teuren wirkungslosen Balance-Armbändern ein echtes Schnäppchen, oder besser, eine ideale Ergänzung für Leute, die ihr Geld zum Fenster hinauswerfen wollen. Ein weiterer Vorteil: Schon von weitem erkennt man Personen, mit denen besser keine Diskussion über Homöopathie oder Schluckbidchen anfängt.

Mit beeindruckender Dreistigkeit wird Marketing mit der typischen Verwirrungsrhetorik betrieben: Der Effekt sei mit „ganzheitlichen Medizin“ nachweisbar, sowie mit „biokybernetischen Testmethoden (Kinesiologie, EAV, PSE, HRV, etc.)“. Das Gutachten für die Gültigkeit des ganzen Hokuspokus stellt sich der Erfinder Lintner gleich selbst aus, inklusive schwungvoller Signatur und Stempel. Praktisch!
Die Masche scheint einen gewissen Erfolg zu haben: Auf der Presse-Seite finden sich einige Lobhudeleien, und nach dem kostenlosen Versand von Probe-Produkten gibt es auch mindestens einen Blogeintrag mit kostenloser Werbung für das Scharlatanerie-Produkt. Von den Amzon-Rezensionen, die mir auch irgendwie gar nicht koscher vorkommen, will ich gar nicht erst anfangen.

Auf dem Boden der Tatsachen gibt es beim Thema „Elektrosmog“ leider nun gar nicht mehr viel zu holen. Es gibt bislang kaum Hinweise darauf, dass das Telefonieren mit dem Handy wirklich gesundheitsschädlich ist – der Effekt beschränkt sich auf das Erwärmen von wasserhaltigem Gewebe. Die Strahlungsleistung ist im Allgemeinen viel zu niedrig, um etwa Schäden an der DNA zu verursachen und Krebs auszulösen. Die gesetzlichen Grenzwerte liegen zudem um das 50-fache unter Werten, die eine Wärmewirkung auslösen würden.

Was jetzt eigentlich noch fehlt, ist ein spottbilliges Alternativprodukt, analog zu den „Placebo-Bändchen“ als Alternative zu den „Power Balance“-Bändern.

Links
Dank an @fatmike128, @ralfnausk und @Esowatchcom!

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